Äußerlich betrachtet, ist die Antriebstechnik eines batterieelektrischen Fahrzeugs nicht übermäßig komplex. Eine große Batterie, etwas Leistungselektronik (Ladegerät, Umrichter) und ein Elektromotor - fertig.
Natürlich steckt das Know-How hier im Detail, jedoch soll dieser Artikel dazu dienen, die Technik jedem leicht verständlich zu machen - auf weiterführende Informationen wird selbstverständlich stets verwiesen.
Verbrenner, Hybrid, BEV - was sind die Unterschiede?
Das Hauptthema von Elektrisch.info ist das batterieelektrische Fahrzeug. Jedoch lässt sich Vieles viel besser erklären, wenn man die vorhandenen und womöglich besser bekannten Alternativen heranzieht. Daher möchte ich zunächst die Unterschiede der aktuell verfügbaren Antriebskonzepte im Pkw-Segment erläutern.
Wer das alles überspringen möchte und direkt über die Technik eines BEV lesen will, der KLICKE HIER.
Der Verbrennungsmotor
Fahrzeuge mit Otto- oder Dieselmotoren sind allen bekannt. Seit 100 Jahren bestimmt diese Antriebsart die Technik des Automobils. Die Energiedichte der Treibstoffe ist hoch und sie lassen sich relativ einfach handhaben. Die Infrastruktur existiert schon lange und man hat sich auch an die Bedienung gewöhnt.
Allerdings hat diese Antriebsart zwei große Nachteile: schlechter Wirkungsgrad und die Abhängigkeit von fossilen Treibstoffen. Auch wenn technisch die Herstellung von synthetischen Treibstoffen in großen Mengen möglich erscheint, so macht es energetisch keinen Sinn, diese Treibstoffe zur Fortbewegung mit max. 30% Wirkungsgrad zu verbrennen - 70% der Energie gehen dabei nämlich als Abgas oder Wärme einfach verloren und erhitzen die Stadtluft noch zusätzlich.
Aber zurück zur Technik. Der Verbrennungsmotor liefert über seinen Drehzahlbereich kein konstantes Drehmoment. Auch andere Parameter, wie der Wirkungsgrad, beschränken sich auf einen recht schmalen Drehzahlbereich. Damit man mit dem Wagen trotzdem von 0-200km/h schnell fahren kann, benötigt der Verbrennungsmotor ein Getriebe. Egal ob manuell oder automatisch - die Schaltvorgänge und die Verluste im Getriebe verschlechtern die Effizienz abermals.
Bremsvorgänge werden nur mit mechanischen Bremssystemen (also über Reibung) durchgeführt - die kinetische Energie wird vernichtet, bzw. in Wärme umgewandelt. Eine Energierückgewinnung ist nicht möglich, da es keinen Speicher gibt, welcher die Energie wieder aufnehmen könnte.
Die Verschärfungen der Abgasgrenzwerte führten dazu, dass dem Verbrennungsmotor eine hochkomplexe Abgasnachbehandlung angeschlossen werden musste. Und leider hat der eine oder andere Hersteller hier auch mit falschen Karten gespielt, was zu dem bekannten Diesel-Skandal führte.
Die technischen Komponenten des Verbrenners nochmal im Bild:
Der Hybridantrieb (HEV bzw. PHEV)
Manche der genannten Schwachpunkte eines Verbrenners lassen sich teilweise durch den zusätzlichen Einsatz eines Elektromotors korrigieren. In drehmoment-schwachen Drehzahlbereichen kann der Elektromotor unterstützend eingreifen und beim Bremsen lässt sich dieser als Generator betreiben und teilweise die Bremsenergie in einem Akku speichern.
Das erkannte Toyota als erster der großen Automobilherstellern - es entstand der HSD-Hybrid-Antrieb. 1997 kam der erste Toyota Prius auf den Markt. Seit dem bietet Toyota den HSD-Antrieb in fast der gesamten Modellpalette an.
Toyota verwendet beim HSD ein mechanisch und elektronisch ausgeklügeltes System, bei dem der Verbrennungsmotor sowie der Elektromotor über ein Planetengetriebe auf einer Achse gemeinsam arbeiten können. Dabei wird mit einem weiteren, kleineren Elektromotor die Drehzahl des Verbrennungsmotors stets in einem sehr effizienten Drehzahlbereich gehalten. Die Fahrzeuge verfügen über einen NiMH-Akku (ab 2012 Li-Ion) mit einer Speicherkapazität von etwa 3-5kWh (wovon Toyota nur etwa 30% nutzt um die Lebensdauer des Akkus zu vergrößern). Dieser wird bei Bremsvorgängen oder im Teillastbetrieb des Verbrennungsmotors über den Elektromotor/Generator geladen und beim Beschleunigen entladen. Auch lassen sich damit bis zu 2km rein elektrisch fahren. Insgesamt ist diese Konstruktion im Vergleich zum reinen Verbrennungsmotor - vor Allem im Stadtverkehr - sehr effizient. Die HSD-Toyotas erreichen deutlich niedrigere Verbrauchswerte als vergleichbare Fahrzeuge ohne Hybridantrieb
Es gibt mittlerweile auch Hybrid-Antriebe von anderen Herstellern. Leider machen vor allem die deutschen Marken hier keine gute Figur. Die Systeme sind nicht so durchdacht wie das HSD und dienen mehr dazu, die Gesamtleistung des Fahrzeugs zu erhöhen, als seinen Verbrauch zu senken.
In den letzten Jahren wurden die Akkus der Hybride vergrößert und eine Möglichkeit geschaffen, diesen von außen mit Elektrizität zu laden - es entstand der Plugin-Hybrid (PHEV). Dieser kann real bis etwa 30km rein elektrisch fahren.
Insgesamt erhöht der Hybrid-Antrieb die Komplexität des Fahrzeugs deutlich, was bei vielen Herstellern zu erhöhten Serviceintervallen und -Kosten führt. Die Komplexität kann dem nachfolgenden Bild entnommen werden:
Der batterieelktrische Antrieb (BEV)
Wenn in einem (Plugin-)Hybrid der elektrische Antrieb schon dafür sorgt, die Unzulänglichkeiten eines Verbrennungsmotors zu beheben oder kurze Strecken komplett abgasfrei zu fahren, dann stellt sich natürlich die Frage: wozu dann noch der Verbrenner?
Das batterieelektrische Fahrzeug besitzt eine große Traktionsbatterie, Leistungselektronik für das Laden der Batterie bzw. für die Ansteuerung der Motoren und eine oder mehrere Motor-Getriebe-Einheiten:
Viele Hersteller setzen dabei auf den Umbau eines bereits bestehenden Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor: Verbrenner, Tank und Abgasanlage raus und dafür Akkus und E-Motoren rein. Ein gutes Beispiel für so einen Umbau ist der Volkswagen eGolf (Bauzeit 2014-2020). Bei diesem wurde der Akku in mehreren Blöcken in den frei gewordenen Raum unter den Sitzen und in dem Mitteltunnel verbaut. Im Gegensatz dazu verfügen Elektroautos, welche von Grund auf als solche konstruiert wurden, über das s.g. "Skateboard-Design". Dabei liegt der Akku großflächig flach im Unterboden. Die Leistungselektronik kann dabei platzsparend unter der hinteren Sitzbank untergebracht werden. Der Antrieb liegt tief zwischen den angetriebenen Rädern. Der frei gewordene Platz unter der "Motorhaube" kann zB. für einen zusätzlichen, vorderen Kofferraum verwendet werden.
Der Unterschied der beiden Konstruktionen am Beispiel eines VW eGolf und des Tesla Model 3:
Die Batterie des E-Autos ist seine wohl wichtigste technische Komponente. Sie entscheidet über die Leistung, die Nutzbarkeit und nicht zuletzt auch über die Lebensdauer des Fahrzeugs. Daher habe ich dieser Komponente einen eigenen Artikel gewidmet:
Die Batterie eines E-Autos: Aufbau, Technologien, Daten und Pflege
Damit die Batterie geladen werden kann, verfügen alle E-Autos über ein integriertes Ladegerät. Dieses sorgt dafür, den von Außen zugeführten Wechselstrom (AC engl. für "Alternating Current") in den für die verbaute Batterie passenden Gleichstrom (DC, "Direct Current") zu wandeln. Gängige AC-Stromquellen sind die Haushaltssteckdose (Schuko), ein Starkstrom-Anschluss (CEE, "Campingstecker") oder eine Typ2-Ladesäule.
Wird das Fahrzeug hingegen an einer DC-Ladesäule geladen, stellt die Ladesäule selbst das Ladegerät dar - das integrierte Ladegerät wird dabei nicht verwendet.
Detaillierte Infos über die verschiedenen Lade-Techniken findet Ihr in dem entsprechenden Artikel:
Das Laden des E-Autos: Technik, Tipps und Tricks
Die in der Batterie gespeicherte Energie fließt über die Leistungselektronik zum Antrieb, also den Elektromotoren. Bei E-Autos kommen je nach Leistungs- oder Preisklasse (oder auch nach Vorlieben/Know-How des jeweiligen Herstellers) Wechselstrom-Asynchron- oder Wechselstrom-Synchronmotoren zum Einsatz. Die Gleichspannung der Batterie wird also in der Leistungselektronik wiederum in Wechselstrom umgewandelt und der Motor über eine passende Frequenz angesteuert. Gleichstrommotoren spielen in den modernen E-Autos keine Rolle mehr.
Aktuelle E-Autos unterscheiden sich aber nicht nur in der technischen Ausführung des Elektromotors voneinander, sondern auch in der Anzahl dieser. Es gibt Fahrzeuge mit einem, zwei, drei oder vier Elektromotoren. Verglichen mit dem Verbrennungsmotor, ist der Elektromotor für seine Leistung relativ leicht. Der Einsatz von mehreren Motoren ermöglicht eine sehr exakte Ansteuerung jeder einzelnen Antriebsachse oder sogar jedes einzelnen Rades und erhöht dabei das Gesamtgewicht nur geringfügig bis gar nicht, da zB. zwei Motoren auf derselben Achse den Verzicht auf das mechanische Differential ermöglichen.
Hier ein paar Beispiele für unterschiedliche Antriebskonzepte:
Neben den klassischen Motor-Getriebe-Kombinationen gibt es auch ein paar seriennahe Prototypen mit Radnabenmotoren, so zB. der Lordstown "Endurance" aus den USA oder der Kleinwagen "Zetta" aus Russland.
Besondere technische Anforderungen werden auch an die mechanische Bremse eines Elektroautos gestellt. Diese wird, im Vergleich zu einem klassischen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, viel seltener eingesetzt - in den meisten Fahrsituationen reicht die Bremswirkung der Elektromotoren aus (Rekuperation). In den Wintermonaten bleiben somit die Bremsscheiben kalt und nass, was zum vermehrten ansetzen einer Rost-Schicht beiträgt. Die Hersteller begegnen diesem Problem mit zeitweiser Reduzierung der Rekuperationsleistung, mit einer speziellen Beschichtung der Bremsscheiben oder gar mit dem Einsatz von Trommelbremsen - wie es VW beim ID.3/ID.4 auf der Hinterachse zeigt.
All diese Punkte zeigen, dass es beim E-Auto noch viel Raum für Innovationen und Verbesserungen gibt. Diese können zu besseren Fahrleistungen oder einer verbesserten Lebensdauer führen. Dieser Trend wird sicherlich in den kommenden Jahren andauern.